Sonntag, 23. Februar 2014

Spieleretat und Punkteausbeute: Was bringt (mehr) Geld?

Diese Woche werden wir uns mit der Frage beschäftigen, ob Bundesligavereine, die einen höheren Spieleretat besitzen, am Ende der Saison auch mehr Punkte herausholen. Die Frage ist gerade aufgrund des 110 Mio. Deals der Allianz-Versicherung mit Bayern München wieder medial aufgekommen. Wir beschränken uns dabei aus Gründen der Datenverfügbarkeit auf die erste Bundesliga.

Schätzungen zu den Spieleretats hat die Zeitung Rheinische Post für die Bundesligaspielzeiten 2006/2007, 2007/2008 und 2008/09 (siehe "Vorjahr"), 2011/2012, sowie für 2012/13 und 2013/14 (siehe "Vorsaison") veröffentlicht. Gleiche oder sehr ähnlich Daten findet man auf unterschiedlichen Seiten im Internet, wie hier mit Verweis auf Kicker. Leider haben wir keine Daten zu den Bundesligasaisons 2009/10 und 2010/11 gefunden, also falls ihr noch Daten findet, wären wir dankbar für Hinweise, damit wir den Zeitraum der Untersuchung vergrößern können.

Eine Möglichkeit einen größeren Zeitraum zu Nutzen, bestünde darin anstelle des von Schätzungen des Spieleretats, den (geschätzten) Marktwert zu benutzt, der zum Beispiel hier für eine verwandte Analyse verwendet wurde (siehe auch die Anmerkung am Ende des Artikels). Aber wir hallten den Marktwerkt für die relevantere Größe. Der Etat gibt an, was ein Verein tatsächlich für seine Spieler ausgibt, und nicht was der Verein hypothetisch ausgeben sollte. Ein gewiefter Manager kann es erreichen, seinen Spieler weniger zu Gehalt zahlen, als man vielleicht aufgrund ihres Marktwertes erwarten würde, während natürlich auch das Gegenteil der Fall sein kann.

Wir gucken uns zunächst wie, wieviel Punkte eine Mannschaft mit einem bestimmten Spieleretat am Ende der Saison erreicht. Alle Etats haben wir für die allgemeine Inflation bereinigt (in 2006 Euro), um allgemeine Steigerungen der Spieleretats abzufangen. Die durchschnittlichen Spielertats pro Verein (über die betrachteten Spielzeiten) sehr ihr weiter unten in der Tabelle.

Wie die folgende Grafik zeigt ist der Zusammenhang relativ eindeutig: Um an die oberen Tabellenplätze heranzukommen oder gar die Meisterschaft zu holen (min ca. 70 Punkte), ist in der Vergangenheit ein inflationsbereinigtes Budget von mindestens 20 Mio. Euro notwendig gewsen. Und 20. Mio Euro in 2006 entsprechen heute fast 35 Mio. Euro, oder etwa dem Budget von Borussia Mönchengladbach.

Allerdings sieht man auch, dass ein bestimmter Spieleretat keine Garantie für ein gutes Abschneiden darstellt. Borussia Mönchengladbach ist in der Bundesligasaison 2006/07 mit einem Etat von 20. Mio Euro als letzter abgestiegen, Hoffenheim schaffte es in der letzten Spielzeit 2012/13 nur knapp auf einen Relegationsplatz.


Als nächstes wollen wir untersuchen, welche Vereine in dem betrachteten Zeitraum erfolgreicher oder weniger erfolgreich waren als wir das aufgrund ihres Spieleretats erwarten würden. Hierzu verwenden wir eine einfache lineare Regression mit den Bundesligapunkten am Saisonende als Zielvariable, und dem (inflationsbereinigten) Etat als erklärende Variablen. Die durchschnittlichen Spieleretats findet ihr mit / ohne Inflationsbereinigung in den Spalten "Durchschnittl. Etat", während die Spalte "Anzahl Spielzeiten" die Anzahl der Bundesligaspielzeiten im betrachteten Zeitraum angibt, in denen ein Verein erstklassig gespielt hat und wir Informationen über den Etat vorliegen haben. Das Maximum beträgt hier fünf, fehlende Informationen betreffen Bayern München 2006/07, da wir hier nur die Angabe haben, dass der Etat mehr als 50 Mio. Euro beträgt, und 1899 Hoffenhein 2008/09. Als nächstes betrachten wir die durchschnittliche Abweichung eines Vereins von der Prognose aufgrund ihres jeweiligen Spieleretats ("Durchschnittl. Residuen").


Wie funktioniert diese Rechnung? Wir erläutern dies am Beispiel des SC Freiburg. Eine einfache Regression ohne die Vereins- und ohne Jahreskennzahlen gibt uns den Zusammenhang von 28,8 Punkten + 0,78 * (inflationsbereinigter Spieleretat in Mio. €) vor. Freiburg hatte in der Saison 2011/12 einen Spieleretat von 13,5 Mio. Euro und in der Saison 2012/13 einen Etat von ca. 16,1 Mio Euro (siehe Vorjahr), was inflationsbereinigt einem Budget von 8,89 Mio. Euro bzw. 10,52 Mio. Euro entspricht. Nutzen wir die obige Gleichung so würden wir einen Punkteausbeute von 35,7 Punkten (28,8 + 0.78 * 8,89) bzw. 37 Punkten erwarten, also im Durchschnitt 36,4. Tatsächlich hat Freiburg in den Saison aber 40 und 51 Punkte erreicht, was im Durchschnitt 45,5 Punkte entspricht, und diese Differenz von 9,1 ist in der Tabelle abgetragen.

Die Mannschaften, die unsere Prognose aufgrund ihres Etats übertreffen, sind zum einen Vereine, die heute einen hohen Etat aufweisen, wie Borussia Dortmund (insbesondere in der Saison 2011/12), deren positive Entwicklung in der Grafik zu sehen ist, und vielleicht überraschender Bayer Leverkusen, die gerade in der letzten Saison 2012/13 viele Punkte sammeln konnten. Auch der VfB Stuttgart ist hier zu nennen, die mit der Meisterschaft 2006/07 und einem dritten Platz in 2008/09 überraschen konnten. Auf der anderen Seite finden wir hier auch Vereine wie den SC Freiburg und den 1. FC Nürnberg, die mit geringen Etat eine relativ hohe Punkteausbeute erzielen konnten, der in allen betrachteten Spielzeiten über den Erwartungen liegt.

 
Schauen wir uns die Mannschaften mit der geringsten Punkteausbeute (gegeben des Budgets) an, so finden wir hier mit dem 1. FC Kaiserslautern und Greuther Fürth zwei Mannschaften, die in dem Zeitraum nur jeweils eine Saison erstklassig gespielt haben. Die Aussagekraft ist daher eher begrenzt. Auffällig ist, dass Wolfsburg trotzdem der Meistersaison 2008/09 hier zu finden ist. Aber die Grafik zeigt, dass der Verein die übrigen Saisons eher unter seinen Erwartungen aufgrund des Spieleretats geblieben ist.


Als nächstes wollen wir noch die Frage untersuchen, ob vielleicht nicht nur das Geld entscheidet, sondern auch die Entwicklung des Geldes. Hierschauen wir, ob eine Steigerung des Spieleretats von der Vorsaison zur aktuellen Saison mehr Punkte am Ende der Spielzeit bringt. Wir fangen damit mit einer einfachen Regression (oder Korrelation) an und sehen einen positiven Zusammenhang, der aber auch relativ deutlich durch einzelne Verein-Saison Werte getrieben ist. Außerdem kontrollieren wir hier nicht für die Höhe des Spieleretats, und nehmen damit implizit an, dass eine Steigerung des Spieleretats um 5 Mio. Euro für Greuther Fürth sich ähnlich auswirkt wie für Bayern München. 


Als nächstes kontrollieren wir zusätzlich für die Höhe des Etats. Die Achsen sind nun nicht mehr so einfach zu interpretieren, aber wir dass der positive Zusammenhang kaum noch erkennbar ist, es scheint, dass mehr Geld (als die Konkurrenten mit ähnlich hohem Spieleretat) nur in wenigen Fällen zu mehr Punkten führt. Ein Grund mag sein, dass Vereine, die von einer Saison zur nächsten über einen deutlich höheren Etat verfügen, häufig auf einmal international spielen, und die Doppelbelastung zu Problemen in der Bundesliga führt. Es mag auch sein, dass die Manager mit Etatsteigerungen nicht immer sehr effizient wirtschaften (aber das ist eine andere Frage). Ein weiterer Grund könnte natürlich auch die geringe Zahl der Spiele sein, die wir hier aufgrund von Datenverfügbarkeit betrachten können. 


Zusammenfassung:

Geld regiert die Welt heißt es.
Zumindest teilweise gilt dies auch, trotz der nicht unbedeutende Dynamik in Richtung oben wie unten, ist schwer vorzustellen, dass ein Verein mit einem Spieleretat wie von Freiburg, Mainz oder Nürnberg um die Meisterschaft mitspielt. Das ist soweit nichts neues. Interessant ist es zu sehen, welche Vereine mit ihren Etat gut wirtschaften, und ab welchen Etat in der Vergangenheit Mannschaften um die oberen Tabellenplätze mitgespielt haben. Geld schützt auch nicht vor dem Abstieg, wie die Fans des 1. FC Köln es miterleben musste.
Teilweise aber auch nicht. Interessant ist es zu sehen, wie wenig sich mehr Geld in mehr Punkte übersetzt. Hierfür mag es einfache Begründungen geben, wie die Doppelbelastung durch internationale Spiele oder schlechte Managemententscheidungen, aber es ist vielleicht auch ein gutes Zeichen, dass hier kein großer Zusammenhang erkennbar ist.

Anmerkungen:

Die Daten findet ihr (tabstop-getrennt) hier.

In dem oben genannten Artikel von Andreas Heuer verwendet er logarithmierte Marktwerte. Finanzielle Größen wie Euro oder Dollar Beträge werden häufig logarithmiert, da man hiermit prozentuale Veränderungen einfach betrachten kann (anstelle von absoluten Veränderungen) und logarithmierte Finanzwerte häufig statistisch einfacher zu handhaben sind. Dagegen spricht allerdings, dass ein Vereinsmanager bei seiner Bank nach einem Kredit von beispielsweise 3 Mio. Euro fragt, um sich einen neuen Spieler leisten zu können, und nicht nach Log(3 Mio.) Euro. Aus diesem Grund werden wir hier die Analyse auf absolute Werte beschränken. Die Ergebnisse sind aber sehr ähnlich, falls man sich logarithmierte Werte angucken würde.